Wer professionell coacht, arbeitet nicht „aus dem Bauch heraus“, sondern mit einem bewusst gewählten Repertoire an Methoden und Ansätzen. Dieses Handwerkszeug schafft Struktur, erweitert den Handlungsspielraum und erhöht die Wirksamkeit des Coachings – besonders in komplexen, dynamischen Situationen. Eine fundierte Coaching-Ausbildung ist der wirksamste Weg, diese Methodenkompetenz systematisch aufzubauen, zu reflektieren und kontextsensibel einzusetzen.
Zusammenfassung
Methoden sind keine „Zaubertricks“, sondern strukturierte Vorgehensweisen, mit denen Coaches Wahrnehmung reflektieren, Perspektiven öffnen und Veränderung ermöglichen. Sie geben Orientierung im Prozess, ohne den Menschen zu manipulieren. Methoden sind für die „grundlegenden Funktionen des Coachings notwendig“ und werden „in der konkreten Situation während eines Coaching-Termins verwendet“ (Rauen, 2014, S. 78). Gerade bei anspruchsvollen Anliegen – etwa Führungswechsel, Konfliktverdichtung, Teamumbrüche – verhindert Methodenkompetenz, dass Gespräche diffus werden oder in Ratschlägen enden. Zudem erlaubt sie, Wirkung transparent zu machen: Hypothesen werden prüfbar, Prozessschritte nachvollziehbar, Ergebnisse evaluierbar. Professionelle Standards verlangen deshalb, Methoden nicht nur zu „kennen“, sondern theoretisch zu verstehen, praktisch zu beherrschen und ethisch reflektiert anzuwenden.
„Ziel der Methoden eines Coachs ist die Vergrößerung der Wahlmöglichkeiten des Klienten. Dies gilt für die Ebene des Denkens, der Wahrnehmung und des Handelns.“ (Rauen, 2014, S. 78)
Menschen, Kontexte und Ziele unterscheiden sich – das gilt im Einzel-Coaching ebenso wie in Team-Settings. Daher gilt: „Nicht jede Methode ist für jeden Coach bzw. Klienten geeignet“ (Rauen, 2014, S. 78). Wer nur ein begrenztes Methodenrepertoire hat, riskiert Passungsprobleme: Die Methode passt nicht zum Anliegen, zum Klienten, zur Kultur oder zum Zeitfenster. Professionelle Coaches kombinieren daher Ansätze, wechseln Ebenen und adaptieren Interventionen an Entwicklungsphasen des Prozesses.
Studien belegen die Bedeutung der Methodenvielfalt: Die RAUEN Coaching-Marktanalyse 2024 zeigt, dass Coaches vorwiegend einen Ansatz-Mix nutzen. Die Analyse differenziert nach Ansätzen, Methoden und Testverfahren und vergleicht u.a. geschlechtsspezifische Muster. Häufig genannte Schwerpunkte sind der systemisch-konstruktivistische Ansatz, Achtsamkeit, Inneres Team, Resilienz sowie Konfliktmanagement und Mediation (vgl. Abb.). Ebenfalls präsent sind gewaltfreie Kommunikation, Transaktionsanalyse, lösungsfokussierte Kurzzeittherapie, humanistische Gesprächsführung und kognitive Verfahren inkl. REVT. Die Häufigkeit ist zudem genderdifferenziert verteilt (z.B. höherer Anteil systemisch-konstruktivistischer Ansatz bei Männern (Männer: 10 Prozent, Frauen: 8,4 Prozent); stärkerer Fokus auf Selbstmitgefühl bei Frauen (Frauen: 4,5 Prozent; Männer: 2,1 Prozent).
Für die Praxis heißt das: Breite Methodenkenntnis ist Standard, keine Kür. Für einen Coach besteht folglich die Notwendigkeit, methodisch breit und reflektiert zu bleiben, statt sich über eine Methode zu definieren.
Abb.: Im Coaching eingesetzte Ansätze, RAUEN Coaching-Marktanalyse 2024 (gewichtete Mehrfachantworten, normiert auf 100 Prozent. N=777).
Für den Coach ist es unerlässlich, sich fortzubilden und mit neuen Ansätzen vertraut zu machen, um die Coaching-Kompetenz umfassend zu vertiefen.
Methodenkompetenz ist die Basis professionellen Coachings. Sie macht Prozesse wirksam, anschlussfähig und verantwortungsvoll – und schützt vor Dogmatismus und Beliebigkeit. Eine hochwertige Coaching-Ausbildung vermittelt nicht nur einzelne Tools, sondern vor allem Theorie, Praxiseinsatz, Gestaltungskompetenz und Reflexionsfähigkeit. So werden Coaches in die Lage versetzt, einen fundierten Ansatz-Mix zu entwickeln und flexibel einzusetzen.