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Coaching-Kompetenzen für Führungskräfte

Eine coachende Haltung in der Führung

Führung verändert sich – und mit ihr die Anforderungen an Führungskräfte. Wo früher klare Ansagen und Kontrolle gefragt waren, zählen heute Dialog, Vertrauen und die Fähigkeit, andere in ihrer Eigenverantwortung zu stärken. Coaching-Kompetenzen werden damit zu einem strategischen Erfolgsfaktor: Sie helfen, Teams zu befähigen, Motivation und Leistung zu steigern und Veränderungsprozesse wirksam zu gestalten. Der folgende Beitrag zeigt, wie Führungskräfte Coaching-Methoden gezielt im Berufsalltag einsetzen können, welche Kompetenzen dafür entscheidend sind – und warum ein coachender Führungsstil nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Führungskräfte selbst erfolgreicher und resilienter macht.

7 Min.

In einem Büro sitzt ein team an einem Tisch und die Führungskraft erklärt eine Sache.

Coaching ist längst kein „Nice-to-have“ mehr, sondern eine Schlüsselkompetenz moderner Führung. In einer Welt hoher Veränderungsgeschwindigkeit, hybrider Zusammenarbeit und komplexer Stakeholder-Interessen steigt der Bedarf an Mitarbeitenden, die eigenständig denken, Verantwortung übernehmen und lernen. Genau hier setzt Coaching an: Es verschiebt den Fokus von der perfekten Ansage zur wirksamen Ermöglichung. Führungskräfte, die coachend führen, liefern weiterhin Orientierung und entscheiden – aber sie fördern zugleich Denk- und Handlungskompetenz ihres Teams.

Zusammenfassung

  • Führung mit Coaching-Kompetenzen stärkt Eigenverantwortung, Motivation und Leistungsfähigkeit im Team.
  • Fragetechniken, aktives Zuhören und lösungsorientiertes Denken machen Gespräche wirksamer und fördern Entwicklung.
  • Coachende Führung schafft eine Kultur des Lernens und der Innovation – und entlastet zugleich die Führungskraft selbst.

1. Wo Coaching im Führungsalltag wirkt

Entwicklungsgespräche und Karrierepfade. Statt den Mitarbeitenden Werdegänge zu „verordnen“, helfen coachende Gespräche, Stärken sichtbar zu machen, Entwicklungsziele zu klären und realistische nächste Schritte zu vereinbaren.

Leistungs- und Zielgespräche. Coaching strukturiert die Zielklärung (Wozu? Warum jetzt? Woran messen wir Fortschritt?) und stärkt Ownership. Aus der Zielvereinbarung wird ein echter Arbeitsvertrag.

Entscheidungsfindung unter Unsicherheit. Gute Fragen weiten den Blick: Welche Optionen übersehen wir? Wovon hängt die Entscheidung wirklich ab? Was wäre eine reversible Probehandlung?

Konflikte und Zusammenarbeit. Coaching hilft, Muster zu erkennen (Trigger, Eskalationsschleifen), Perspektiven zu wechseln und gemeinsame Regeln zu entwickeln, statt sich in Positionen zu verhaken.

Veränderungsprozesse. In Transformationen entstehen Unsicherheit und Sinnfragen. Coaching schafft Raum für Emotionen, klärt Einflussbereiche und übersetzt große Programme in konkrete Experimente.

Grenzen des Coachings. Wo es um Compliance, Sicherheit oder akute Krisen geht, braucht es klare Ansagen. Coaching ergänzt Führung – es ersetzt sie nicht.

Die Grafik zeigt, wo Coaching im Führungsalltag wirkt und veranschaulicht die Aspekte aus dem Text.

Abb.: Wo Coaching im Führungsalltag wirkt

2. Konkrete Coaching-Kompetenzen für die Praxis

Haltung – vom Problemlöser zum Ermöglicher

Coaching beginnt nicht bei der Technik, sondern bei der Grundhaltung: echtes Interesse, Respekt vor der Autonomie des Gegenübers, Glaube an Ressourcen – und die Bereitschaft, Antworten nicht sofort zu liefern. Ein kurzes inneres Check-in hilft: „Wem gehört das Problem? Was braucht die Person, um es selbst zu lösen?“

Aktives Zuhören

  • Paraphrasieren und Zusammenfassen: „Ich höre, dass … – stimmt das so?“
  • Emotionen spiegeln: „Das frustriert dich, weil …“
  • Pausen zulassen: Stille ist Arbeitszeit für das Denken.
  • Signale lesen: Körpersprache, Tonfall, Tempo – und bei Unklarheit nachfragen.

Fragetechniken

  • Öffnende Fragen: „Was ist hier das Ziel hinter dem Ziel?“
  • Skalierungsfragen: „Auf einer Skala von 0 bis 10: Wo stehen wir? Was macht den nächsten halben Punkt aus?“
  • Zirkuläre Fragen: „Was würde die Kundin sagen, woran sie merkt, dass wir vorankommen?“
  • Ressourcenfragen: „Was hat in ähnlichen Situationen geholfen?“
  • Hypothetische Zukunftsfragen: „Stell dir vor, in drei Monaten ist das Problem gelöst – was haben wir bis dahin angestoßen?“
  • Präzisionsfragen: „Woran genau machst du das fest?“

Förderung von Selbstreflexion

  • Arbeitsauftrag klären: „Wofür übernimmst du hier Verantwortung? Wofür nicht?“
  • Muster erkennen: „Welche wiederkehrenden Schleifen siehst du?“
  • Lernschleife schließen: „Was nimmst du mit? Was probierst du bis zum nächsten Check-in?“
  • Pragmatisch hilft ein Journal in drei Spalten: Situation – Reaktion – Lerneffekt.

Lösungs- und Umsetzungsorientierung

  • Ausnahmen finden: „Wann trat das Problem nicht auf? Was war dann anders?“
  • Experimentierlogik: kleine, reversible Schritte statt Perfektionsanspruch.
  • Hindernisse antizipieren: „Welche drei Stolpersteine sind wahrscheinlich? Wie gehst du damit um?“
  • Verbindlichkeit: konkrete nächste Aktion, Verantwortliche, Datum.

Feedback

  • SBI-Methode (Situation–Behavior–Impact): präzise, wertschätzend, beobachtbar.
  • Nicht-direktiv: Der Fokus wird darauf gerichtet, welche Bedeutung die andere Person der Situation beimisst (vgl. Hancil & Caspari, 2024).
  • Feedforward: zwei bis drei Ideen für künftiges Verhalten („Nächstes Mal könntest du…“).
  • Bidirektional: Führende holen aktiv Feedback zur eigenen Wirkung ein – das stärkt die psychologische Sicherheit.

Systemische Perspektive

Jede Person agiert in einem System. Führungskräfte mit Coaching-Kompetenz fragen: „Welche Regeln, KPIs, Anreize oder Schnittstellen stabilisieren das Problem? Welche Stakeholder müssen wir an Bord holen?“ So werden nicht nur Symptome, sondern Ursachen bearbeitet.

Gesprächsstruktur

Viele nutzen GROW als inneren Leitfaden: Goal (Ziel), Reality (Ist), Options (Möglichkeiten), Will/Way (Commitment). (s. Whitmore, 2004) Wichtig: nicht sklavisch abarbeiten – das Gespräch bleibt lebendig.

Die Infografiken veranschaulicht die Aspekte aus dem Text und nennt konrkete Konkrete Coaching-Kompetenzen für die Praxis einer Führungskraft.

Abb.: Konkrete Coaching-Kompetenzen für die Praxis einer Führungskraft

3. Warum Führungskräfte mit Coaching-Kompetenzen erfolgreicher sind

Zahlreiche Studien (Theeboom et al., 2014; Cannon-Bowers, 2023) belegen inzwischen den positiven Effekt eines coachenden Führungsstils. Mitarbeitende, deren Führungskräfte Coaching-Kompetenzen anwenden, berichten über deutlich höhere Arbeitszufriedenheit, stärkeres Engagement und bessere Leistung. Auch auf Seiten der Führung zeigt sich ein Gewinn: Studien (s.o.) weisen auf Verbesserungen in Kommunikation, Problemlösefähigkeit, der Entwicklung emotionaler Intelligenz und gesteigerter Wirksamkeit in transformationalen Situationen hin. Diese Ergebnisse verdeutlichen die Vielseitigkeit und den Wert von Coaching-Kompetenzen als strategisches Führungsinstrument.

Durch einen coaching-orientierten Führungsstil lässt sich nicht nur die Effektivität des Teams steigern, sondern auch eine Kultur des Lernens, der Entwicklung und der Innovation etablieren. Wer seine Führungsrolle mit einer coachenden Haltung ausübt, fördert die persönliche und fachliche Entwicklung seiner Mitarbeitenden – und schützt sich gleichzeitig selbst vor Überlastung. Denn je mehr Verantwortung und Lösungsfähigkeit im Team verankert ist, desto weniger muss die Führungskraft ständig „retten“ oder „anschieben“.

Indem Führungskräfte Coaching-Kompetenzen anwenden, schaffen sie eine unterstützende Umgebung, in der Mitarbeitende ihr Potenzial entfalten, ihre Leistung steigern und ihre Zufriedenheit in der eigenen Rolle stärken können. Coaching-orientierte Führung legt damit den Grundstein für eine zukunftsfähige, inspirierende Arbeitswelt, in der Erfolg und Mitarbeiterzufriedenheit untrennbar miteinander verbunden sind.

4. Auswahl einer passenden Coaching-Ausbildung

Bei der Auswahl einer passenden Coaching-Ausbildung sollten Führungskräfte auf folgende Punkte achten Sie  Transfer in den Führungsalltag, Praxisanteile mit Live-Übungen, Supervision und Ethik (klare Leitlinien zu Grenzen und Vertraulichkeit). Nützlich sind systemische Ansätze, solide Fragetechniken, Arbeit an Haltung und Selbstreflexion sowie Möglichkeiten, eigene Fälle einzubringen. Entscheidend ist, dass die Ausbildung nicht nur „Coaching spielt“, sondern Ihre Führungswirksamkeit messbar erhöht.

Fazit

Coaching-Kompetenzen machen Führung nicht weicher, sondern wirksamer. Wer zuhört, gut fragt, Reflexion fördert, Lösungen ermöglicht und sauberes Feedback gibt, steigert Leistung, Tempo und Bindung – und schafft eine Kultur, in der Menschen und Ergebnisse gleichzeitig wachsen. Coaching-orientierte Führung ist damit kein Trend, sondern eine Kernkompetenz für nachhaltigen Erfolg in einer komplexen, lernorientierten Arbeitswelt.

Literatur

Cannon-Bowers J.; Bowers C.; Carlson C.; Doherty S; Evans, J. & Hall, J. (2023). Workplace coaching: a meta-analysis and recommendations for advancing the science of coaching. Front. Psychol. 14. Abgerufen am 06.10.2025: www.frontiersin.org/journals/psychology/articles/10.3389/fpsyg.2023.1204166/full

Korsten, H. (2023). Coaching-Verhalten in der Führungsarbeit. Coaching-Magazin, 15(1), S. 45–47.

Meier, N. (2018). Der Vorgesetzte als Coach? Coaching-Magazin, 10(4), S. 55–58.

Theeboom, T.; Beersma, B. & van Vianen, A.E. (2014). Does coaching work? A meta-analysis on the effects of coaching on individual level outcomes in an organizational context. J. Posit. Psychol. 9, S. 1 – 18. Abgerufen am 06.10.2025: www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/17439760.2013.837499

Whitmore, J. (2004). Grow-Modell im Coaching. Coaching-Magazin Online. Abgerufen am 06.10.2025: www.coaching-magazin.de/coaching-tools/tools/grow-modell

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