Carolin von Richthofen, Nathalie Vitzthum

Praxisbuch Resilienz und Balance

Rezension von Torsten Ferge

4 Min.

Es passiert schnell. Eine kleine Unachtsamkeit und die Lieblingstasse fällt vom Tisch und zerbricht. Die japanische Kultur hat die Kunst des Kintsugi hervorgebracht, des Flickens von zerbrochenem Porzellan mit Gold. Hier werden die Brüche nicht durch geschickte Reparatur versteckt, sondern vielmehr werden die Narben vergoldet. Diese japanische Kunst gilt als Metapher für Resilienz. Carolin v. Richthofen und Nathalie Vitzthum legen in ihrem „Praxisbuch Resilienz und Balance. Coaching-Kompetenz: Methoden und Tools“ den Fokus auf die Kunst, mit Krisen und Herausforderungen konstruktiv umzugehen und gestärkt daraus hervorzugehen. 

V. Richthofen berät Einzelklienten und Gruppen bei der Karriereentwicklung und Potenzialentfaltung. Sie bringt Know-how als Diplom-Psychologin, systemische Familientherapeutin, Business-Coach, Trainerin sozialer Kompetenzen sowie ihre eigenen Erfahrungen als Führungskraft in die Beratung ein. Co-Autorin Vitzthum ist Diplom-Psychologin und ausgebildete systemische Beraterin. Sie unterstützt Klientinnen und Klienten bei der Entwicklung von Stärkenprofilen, Zielsetzungen und Prioritäten. Sie verfasste ihre Promotion zum Thema Selbstoptimierung und Authentizität. Heute beschäftigt sie sich mit psychologischer Potenzialdiagnostik, Persönlichkeitsanalysen und begleitet Klientinnen und Klienten in Entscheidungsprozessen.

Zunächst fällt auf, die Autorinnen wenden sich mit einer bildhaften und zugewandten Sprache an ihre Leserschaft. Sechs inhaltliche Kapitel werden von einem Vorwort und dem Anhang inklusive vier Seiten Literaturangaben (der überwiegende Teil der Quellen ist jünger als zehn Jahre) plus Online-Ressourcen, dem Verweis auf wissenschaftliche Projekte zum Thema Resilienz, gerahmt. Die Kapitel tragen Titel wie „Durch den Sturm gehen“, „Wirksamkeit erleben“ oder „Das volle Leben“. Die Unterkapitel geben jeweils eine kurze Einführung für die eigentlichen Inhalte, die mit Hashtags markiert sind und ein bis zwei Seiten umfassen. Der Text wird durch graue Kästen unterbrochen, in denen sich Gesprächspartner im Interview zum jeweiligen Thema äußern. Darüber hinaus sind praktische Übungen oder Wichtiges mit einem Icon markiert und in den Inhalt eingeflochten. Hin und wieder weist ein Lesetipp über den kurzen Abschnitt hinaus. 

Inhaltlich besticht das Praxisbuch durch ein breites kulturgeschichtliches Wissen. Der Text bleibt konsequent bei seinem positiven Programm, ohne sich in Details zu verlieren. Die Autorinnen greifen Elemente der japanischen Tradition auf, zitieren Epiktet als Vertreter der antiken Philosophie der Stoa, streifen die westliche Medizin und Philosophie, verweisen auf buddhistische Achtsamkeitspraxis sowie christliche Spiritualität und selbstverständlich rekurrieren sie auf forschungsbasiertes Wissen aus der Psychologie. Die titelgebenden Schlagworte Resilienz und Balance werden im Text nicht differenziert, sondern vielmehr synonym verwendet. 

In ihrem Praxisbuch pflegen v. Richthofen und Vitzthum einen achtsamen Umgang mit ihren Leserinnen und Lesern. Sie haben Wissen rund um Resilienz und Balance aus verschiedenen kulturgeschichtlichen Quellen gesammelt und systematisiert. Immer wieder geben sie dem Coach zahlreiche Kontextinformationen, Übungen und Erfahrungsberichte an die Hand. Die stilistischen Unterbrechungen unterstützen die Lesbarkeit, die zugewandte Schreibweise der Autorinnen fördert Vertrauen. 

Kleinere Kritikpunkte ergeben sich in der Struktur des Buches. Das Inhaltsverzeichnis bildet nur zum Teil eine logisch nachvollziehbare Struktur ab. Auf dem Deckblatt sind Online-Materialien angekündigt, allerdings ist der Zugang dazu irgendwo im Fließtext versteckt. Verwirrend ist zudem, dass am Ende auf Online-Ressourcen verwiesen wird, die nicht identisch sind mit dem Online-Material. Einmal wird im Fließtext auf ein Interview im Buch hingewiesen ohne Hinweis auf die Seite. Etwas mehr Sorgfalt in der Struktur und ein konsequenterer Umgang mit den im Hashtag-Format angedeuteten Verknüpfungen hätten diesem sympathischen Buch gutgetan. 

Fazit: Der achtsame Ton des Buches spricht die Lesenden sehr kontaktfreudig an. Die kulturgeschichtliche Vielfalt beeindruckt und verwandelt das Praxisbuch in ein liebenswürdiges Lesebuch. Jedoch bleibt es in der Beratungspraxis harte Arbeit, Krisen zu meistern und Lebensbrüche zu vergolden. 

Torsten Ferge

Coach und Supervisor
www.ferge-coaching.de 

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