Cover: Per Anhalter durch die systemischen Welten
Neda Mohagheghi

Per Anhalter durch die systemischen Welten

Rezension von Dr. Beyhan Şentürk

3 Min.

Mit nur rund 130 Seiten kommt es recht schmal daher – und doch steckt erstaunlich viel darin: „Per Anhalter durch die systemischen Welten“ heißt das Erstlingswerk von Neda Mohagheghi. Die Autorin richtet sich damit insbesondere an Menschen, die frisch ins Coaching einsteigen. Das Buch will Mut machen, ins Coaching-Handwerk hineinzuwachsen und dabei vor falschem Respekt schützen. Es versteht sich als praxisnahes Arbeitsbuch, das die Weiterbildungszeit vertieft und besonders jene kritische Übergangsphase nach Ausbildungsabschluss begleitet, wenn Unsicherheiten am größten sind und der Schritt in die eigene Praxis Mut erfordert. So wirkt das Buch wie eine freundlich-unaufdringliche Mentorin, die ermutigend zur Seite steht. Es ist keinesfalls ein theoretischer Grundlagen-Wälzer und schon gar nicht ein nüchterner Businessplan für die Selbständigkeit, sondern eine Einladung, das eigene Können zu entdecken und den eigenen Fähigkeiten zu vertrauen.

Die Autorin beschreibt sich als Trainerin, Podcasterin, systemische Beraterin für Führungskräfte. Als Leiterin des Kasseler Instituts für systemische Therapie und Beratung e.V. bildet sie angehende Coaches aus. In ihrem Buch verbindet sie gekonnt ihre solide fachliche Qualifikation mit ihrer langen Praxiserfahrung sowie ihrem Engagement in der Weiterbildung. 

Zu Beginn werden systemische Grundlagen erklärt – gerade so viel, wie nötig ist, um Orientierung zu geben. Alles Wesentliche ist übersichtlich dargestellt. Keine langen theoretischen Abhandlungen, sondern klare Gedanken, die schnell auf den Punkt kommen.

Der eigentliche Schatz liegt jedoch in den vielen Reflexionsfragen. Sie führen durch zentrale Themen wie den „Horror und Zauber des Anfangs“, die eigene systemische Haltung im Arbeitsalltag oder den achtsamen Umgang mit der eigenen Energie und Selbstfürsorge. Jedes Kapitel lädt ein, kurz innezuhalten und mittels Reflexionsfragen den eigenen Weg zu prüfen. Wem das nicht reicht, kann online das zusätzliche Material mit weiterführenden Arbeitsblättern nutzen. 

Coaches, die schon sehr tief in systemischen Kontexten stehen, werden möglicherweise nur wenige neue Inhalte finden. Der Mehrwert liegt eher im Transfer und in der Reflexion als in radikal neuen Theorien oder Handlungsanleitungen. Es ist ideal für alle, die Coaching nicht nur als Methode, sondern als Haltung verstehen. Mit ihrem Buch fordert Mohagheghi zum Nachdenken heraus, ohne zu belehren. Wer sich auf die Fragen einlässt, wird viele Antworten finden, vor allem über sich selbst. Damit erreicht die Autorin ihr selbstgestecktes Ziel. Auch wenn es sich in erster Linie an zukünftige und frischgebackene Coaches wendet, so lohnt sich die Lektüre sicherlich auch für erfahrene Kolleginnen und Kollegen. Angehende Ausbilderinnen und Ausbilder werden sicher von Mohagheghis Erfahrungen profitieren, die sie immer wieder anekdotenhaft einfließen lässt. Und auch versierte Coaches, die ihren eigenen Stil reflektieren oder ihren Markenkern schärfen wollen, finden hier wertvolle Impulse. 

Das Lesen selbst ist angenehm leicht. Die Sprache ist nahbar und klingt so, wie man es aus dem Podcast („Frag mal Neda“) der Autorin kennt – direkt, freundlich, manchmal humorvoll, mit dem kollegialen „Du“. Das Buch ist ansprechend gestaltet. Illustrationen in warmen Erdfarben, übersichtliche Infoboxen und Hinweise auf weiterführende Arbeitsblätter geben dem Ganzen Struktur und Atmosphäre. Positiv fällt auch die konsequent geschlechtergerechte Sprache auf. Sie wirkt selbstverständlich, nicht aufgesetzt. 

Fazit: Neda Mohagheghi spricht angehende Coaches an und beschert der Fachwelt ein handliches Arbeitsbuch mit Tiefgang. Es ist keinesfalls ein Theoriekoloss, sondern eher eine praktische Begleitung und Auffrischung für systemisches Arbeiten.

Dr. Beyhan Şentürk

info@beyhan-sentürk.de

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