Christine Albrecht, Daniel Perrin

Zuhören im Coaching.

Rezension von Sabine Vogel

3 Min.

„Wirklich zuhören, können nur ganz wenige Menschen. Und so wie Momo sich aufs Zuhören verstand, war es ganz und gar einmalig.“ Mit einem Zitat aus Michael Endes Buch „Momo“ beginnen die beiden Autoren Christine Albrecht (diplomierte Beraterin, Schweiz) und Daniel Perrin (Professor für Angewandte Linguistik, Schweiz) ihr Buch. Mit diesem nehmen sich die beiden Coaches eines zentralen Aspekts des Coachings an. Ein Aspekt, der dennoch kaum eine explizite Berücksichtigung findet: „Während sowohl die Beratungsforschung als auch Praxisratgeber und -kurse das Reden in Coachings ausführlich thematisieren, fehlen systematische Überlegungen zum Thema Zuhören im Coaching weitgehend“ (S. 11). 

Doch was genau macht professionelles Zuhören im Coaching aus? Dieser Frage gehen die zwei Autoren, die sich mit ihrem Buch an Praktiker, Forscher und Lehrende im Coaching wenden, auf den Grund. Das gerade einmal 82 Seiten starke Buch teilt sich in drei Teile auf. In Teil 1 geht es darum, das Zuhören im Coaching zu erforschen und zu verbessern. Teil 2 beschäftigt sich mit der Analyse vom aufmerksamen zum nondualen, emergenten Zuhören. In Teil 3 schließlich wird das Verstandene umgesetzt.

„Zuhören im Coaching“ ist ein sehr wissenschaftlich geschriebenes Werk und unterscheidet sich stark von der gängigen Coaching-Literatur. Zeichnet sich diese doch insbesondere durch eine leichte Sprache mit vielen Beispielen und Übungen aus. Nein, Tipps für Übungen gibt es in den über 25 Unterkapiteln kaum. Dieses Buch charakterisiert sich durch eine gute Strukturierung, in der herausgearbeitet wird, wie sich Zuhören im Coaching beschreiben, erklären, verstehen und schließlich optimieren lässt. Jedes Kapitel setzt sich aus einem theoretischen und einem empirischen Teil zusammen, wobei es sich bei dem empirischen Teil um eine Videoaufzeichnung eines Coaching-Falls aus dem persönlichen Coaching-Alltag der Autoren handelt. Die Hoffnung auf Ratschläge oder Übungen für den eigenen Coaching-Alltag wird kaum erfüllt.

Doch „was macht das Wesentliche des Zuhörens im Coaching aus (S. 12)“? Die Antwort baut laut den Autoren auf dem Begriff des „achtsamen Zuhörens“ auf. Worunter man eine „kommunikative Praxis, die in einer konkreten Situation dazu geeignet ist, eine sprechende Person auf allen drei Ebenen des Sprachgebrauchs umfassend wahrzunehmen“ (S. 13) versteht: auf der Zeichen-, der Bedeutungs- und der Handlungsebene der Kommunikation“.

Auf der Zeichenebene steht im Vordergrund, was das Gegenüber sagt und was es dabei mit seiner Stimme und dem Körper ausdrückt. Wichtige Anzeichen können etwa Gerüche sein, beispielsweise Angstschweiß oder eine leise und unsichere Stimme. Auf der Bedeutungsebene ist es das nonduale Zuhören. Die Nondualität besteht für den Coach darin, nach Möglichkeit alle Äußerungen des Klienten für wahr zu nehmen. Auf der Handlungsebene bedeutet es emergentes Zuhören. „Emergentes Zuhören braucht die Bereitschaft Neues zu wagen, und die Zuversicht, dass die Lösung im Problem schon angelegt ist und dann hervortreten, greifbar werden kann, wenn die Beteiligten die bisherigen Denkmuster überwinden.“ (S. 38)

So sinnvoll im Coaching das Zuhören ist, so hilfreich wäre es für den Leser gewesen, die im empirischen Teil eingesetzte Methode, das Transkriptionssystem GAT, näher kennenzulernen. Nicht jedem Coach ist das Videoaufzeichnen einer Coaching-Sitzung inklusive anschließender Aufarbeitung einer solchen Aufnahme mit der genannten Methode gängig. Es fehlt schlicht wieder ein Übungsteil. Fazit: Die Autoren Albrecht und Perrin haben sich einem sehr wichtigen Coaching-Thema angenommen. Gäbe es hie und da noch ein paar mehr Tipps für die eigene Coaching-Arbeit, würde es sich um ein vollends gelungenes Buch handeln.

Sabine Vogel

FastForward Coaching, Mainz
s.vogel@fast-forward-coaching.de
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