Mechtild Erpenbeck

Wirksam werden im Kontakt. Die systemische Haltung im Coaching.

Rezension von Thomas Webers

3 Min.

Haltung! Das klingt nach Disziplin. Nach Militär oder Tanzschule. Nichts für Freigeister: Dresscode, Etikette, Stil – soll man sich daran etwa festhalten? Altmodisches Gehabe. Wofür soll das gut sein? Wer in der Tanzschule aufgepasst hat, wird sich aber vielleicht daran erinnern: Kopf aufrichten, Schultern nach hinten und unten, die Arme bilden einen Rahmen, die Bewegung wirkt leicht und elegant. Ohne Körperhaltung, ohne Körperspannung wird es eben nichts mit dem Tanzen.

Aber dann gibt es da noch etwas anderes: Geisteshaltung. Und bezogen aufs Coaching hat man dann schnell ein paar Dinge aufgezählt, die wichtig sind in der Interaktion: Die Autonomie des Klienten. Der Respekt des Coachs, dessen Empathie und Wahrhaftigkeit, dem Klienten gegenüber. Die gemeinsame Augenhöhe im Coaching. Damit hätte man schon einen Großteil angesprochen. Doch reicht das für ein ganzes Buch?

Mechtild Erpenbeck reicht das nicht. Denn die studierte Pädagogin, Senior Coach (DBVC) und Supervisorin (DGSv) ist ebenfalls als Theaterregisseurin tätig – und hat etliche Geschichten aus ihrer Coach-Praxis parat, die diese Prinzipien konkret in der Praxis spiegeln. Und es lohnt in der Tat, ihr in diese Geschichten zu folgen. Denn sie hält etliche Erkenntnisse bereit, die man nur durch Erfahrung sammeln kann.

Dabei gibt sie die Parole aus, dass Achtsamkeit im Coaching die Metakompetenz schlechthin ist. Damit ist nicht das modische Missverständnis gemeint, bei dem Achtsamkeit mit Empathie oder Konzentration verwechselt wird. Sondern eher das, was Psychoanalytiker mit freischwebender Aufmerksamkeit bezeichnen. Wobei Erpenbecks theoretische Heimat – neben der Theaterarbeit – primär im systemischen Denken und in der Gruppendynamik liegt.

Immer wieder spielt die Autorin spannende, eigene Fallgeschichten ein, wenn sie sich durch Stichworte wie Macht, Verantwortung oder Konflikt durch- und voranarbeitet – wie durch Akte eines Theaterstücks. Dabei kann man ihr über die Schultern schauen und bekommt so einen guten Einblick in ihre hochprofessionelle Arbeitsweise. Zu den Highlights gehören die Ausführungen zur Rolle des Coachs, wenn sie verschmitzt über die Abgründe der „Coachisierung“ lästert. Um einige Seiten später den Coach als „Anwalt der Ambivalenz“ (S. 114) zu bezeichnen.

Zum Schluss legt die Autorin noch sechs ethische Leitideen vor, mit denen sie ihre Erfahrungen und Erkenntnisse schön zusammenfasst. Den Abschluss bildet (unvermeidlich) ein Epilog.

Fazit: Ein schönes Lesebuch, das die Praxis lebendig ausleuchtet und professionelle Haltung verständlich werden lässt.
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