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Anna Dollinger, Katharina Fehse

Systemische Interventionen

Rezension von Andreas Broszio

3 Min.

Bei dem Buchtitel „Systemische Interventionen“ könnte sich unwillkürlich die Idee anbahnen, es handele sich bei dem Werk lediglich um eine weitere Methodensammlung. Das wiederum könnte in der Folge dazu führen, dass man angesichts begrenzter zeitlicher und kognitiver Ressourcen von einer näheren Betrachtung bzw. Lektüre absieht. An Methodensammlungen mangelt es schließlich nicht. Und als Coach hat man ja zudem ein gut sortiertes Repertoire bewährter Vorgehensweisen. Und die sind selbstverständlich „systemisch“. 

Gäbe man diesem ersten Impuls nach, so brächte es einen um die Entdeckung, dass es auch ganz anders sein kann. Und darum geht es schließlich auch im Coaching. Liest man den Titel also weiter, nachdem die vorschnelle Bewertung unterbrochen wurde, stößt man auf die Formulierung „Methoden und Möglichkeiten für mehr Selbstwirksamkeit“. Dieser Untertitel hat, zumindest bei mir, die Ahnung ausgelöst, dass die vorliegende Methodensammlung eine Programmatik bietet, die über die Auflistung von Tools und Methoden hinausgeht. Und auch das Adjektiv „systemisch“ ist angesichts der dargestellten Methoden mehr als eine sozial erwünschte Benennung. Wie Varga von Kibéd 2005 in einem Sammelbandbeitrag schrieb, ist eine Intervention A systemischer als eine Intervention B, „wenn A in höherem Maße als B erlaubt, von der Zuschreibung von Eigenschaften an Systemelemente abzusehen (zugunsten der Betrachtung von Relationen, Strukturen, Kontexten, Dynamiken und Choreographien).“

Die Autorinnen Anna Dollinger (Diplom-Psychologin, Coach) und Katharina Fehse (Psychologin, Trainerin, Coach und Mediatorin) rahmen die Darstellung der Interventionen dann auch im ersten Kapitel (Systemische Arbeit im Teamcoaching) durch eine klare Bestimmung ihres Verständnisses systemischen Intervenierens. Dabei definieren sie in gleichermaßen kompakter wie klärender Form acht Prinzipien, u.a. „Es könnte auch ganz anders sein“, „Wechselwirkungen, Wirkungsketten und Muster“, „Autopoiese“, „Viabilität“, „Fokus auf Ressourcen & Lösungen“ (S. 10ff). Die Darstellung mündet in einen Imperativ, der für die folgenden Kapitel richtungsweisend ist: „Vertraue auf das System, es hat alle Kompetenzen, die es braucht. Sei achtsam und würdigend für alles, was dir entgegengebracht wird: Nutze es und mach etwas daraus.“ (S. 13). Nach einer „Übersicht genereller Anknüpfungspunkte für Teamcoaching“ (S. 19), die das mögliche Auftrags- und Erwartungsfeld für Coaches absteckt, folgt im zweiten Kapitel (Systemische Interventionen) eine gut gegliederte und übersichtliche Beschreibung der insgesamt 49 Interventionen. Diese sind nach fünf Einsatzbereichen – oder genauer: Entwicklungsaufgaben – von Teamarbeit sortiert: „Die gemeinsame Entwicklungsreise beginnen“ (S. 27ff), „Die gemeinsame Landkarte definieren“ (S. 79ff), „Das Team in Fahrt halten: Metaphernarbeit“ (S. 129ff), „Die gemeinsame Lernstrecke ausbauen“ (S. 189ff), „Auf zu neuen Ufern (S. 241ff). 

Die Interventionen, die zu Beginn des Kapitels in einer Gesamtübersicht hinsichtlich ihrer systemischen Schwerpunkte eingeordnet werden, sind praxisnah und sehr gut nachvollziehbar dargestellt. Jeder Intervention vorangestellt ist die Information zu Gruppengröße, Material und Zeitaufwand sowie ggf. zu Notwendigkeiten bei Online-Varianten. Eine Sammlung nützlicher Downloadmaterialien rundet das Gesamtpaket ab und lädt dazu ein, die Interventionen in der eigenen Praxis zu erproben.                    

Fazit: Das Buch ist allen Personen zu empfehlen, die ihr Interventionsrepertoire qualitativ hochwertig ergänzen möchten und für die der Begriff „systemisch“ ein Bekenntnis zur Gestaltung von wertschätzenden Lern- und Entwicklungskontexten zum Ausdruck bringt. 

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