Reiter Hanspeter

Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung. Wie Trainer, Coaches und Berater von den Neurowissenschaften profitieren können.

Rezension von Dr. Claudia Wilimzig

3 Min.

Können Pädagogik und Neurowissenschaften zusammenkommen? In den Neurowissenschaften hat es in den letzten Jahren bahnbrechende Erkenntnisse gegeben, wie unser Gehirn funktioniert und neue Informationen verarbeitet und aufnimmt. In der Pädagogik sind diese Informationen noch nicht flächendeckend angekommen und werden von einigen Lehrern explizit abgewiesen. Ist ein beiderseits befriedigender Austausch zwischen den Disziplinen nicht möglich?

Dieser Frage widmet sich das „Handbuch Hirnforschung und Weiterbildung“, herausgegeben von Hanspeter Reiter, der als Weiterbildner und Trainer/Berater im Bereich Marketing-Kommunikation tätig ist. Es kommen zahlreiche Autoren aus unterschiedlichen Gebieten zu Wort – von erfahrenen Coaches bis zu Neurowissenschaftlern.

Auch die Themenauswahl deckt ein breites Spektrum ab, das hier kursorisch angerissen werden soll. So werden bspw. zwei Persönlichkeitsmodelle vorgestellt und die Auswirkung von verschiedenen Persönlichkeitstypen auf Lernstile und hirngerechtes Lernen erörtert. Ein weiteres Persönlichkeitsmodell fokussiert sich auf die Verarbeitung von Emotionen und wie der Coach diesbezügliche Dispositionen des Klienten erkennt. Ebenso wird ein Bogen gespannt von hirnphysiologischen Vorgängen zu nützlichen Techniken, sich das Lernen (und dadurch auch das Lehren!) zu erleichtern. Die Möglichkeiten, Reize neurowissenschaftlich optimal zu gestalten, werden für die Praxis als Speaker, Trainer und Führungskraft angeboten. Eine Coaching-Methode, die auf dem NLP beruht, aber weiterentwickelt wurde, wird gezeigt. Der bekannte turmdersinne in Nürnberg bietet faszinierende Informationen über Wahrnehmung. Coaches, Trainer und Berater können dadurch angeregt werden, sich anders zu präsentieren. Der Buchbeitrag bietet hierzu einen ersten Einstieg.

Zu unseren Sinnen gehört die Haptik, die das größte Organ für feinstaufnehmende Informationsverarbeitung ist. Vorschläge werden gemacht, wie Rahmenbedingungen sorgfältig überlegt werden sollten: Geruch, Licht und Ernährung, wie in vielen Tagungshotels geschehend, können entscheidend zum Erfolg der Weiterbildung beitragen. Gehirngerechtes Lernen bedeutet, wie an anderer Stelle vorgestellt, auch, Lerninhalte möglichst multisensorisch zu gestalten. Dies spricht auch die emotionale Verarbeitung an, wobei wiederum die Haptik in den Vordergrund gestellt wird. In den Neurowissenschaften oft stiefmütterlich behandelt, wird dargestellt, wie die vorhandenen Erkenntnisse über haptische Verarbeitung zur effektiven Coaching-Gestaltung eingesetzt werden können. Mnemotechniken, die einen konkreten Nutzen für jedermann haben, werden eingeführt, ebenso wie Hilfen für das Einprogrammieren ins Langzeitgedächtnis. Wie erwartete Belohnungen und daraus erwachsende Motivation für den Lernerfolg unverzichtbar sind, wird neurowissenschaftlich dargestellt. Ein weiterer Beitrag widmet sich den Risiken und Nebenwirkungen von digitalen Medien und den Konsequenzen für deren Einsatz in Coaching und Training. An anderer Stelle wird die zunächst pessimistische Sicht etwas gelockert und der sinnvolle Einsatz diskutiert. Eine kritische Perspektive wird eingenommen, welche Neuromythen zu fehlgeleiteten Umsetzungen führen  und eingekreist, welche Erkenntnisse über das Gehirn zu solidem Einsatz beitragen können.

Fazit: Ein sehr vielfältiges und vielschichtiges Buch, das viele praktische Hinweise gibt und Hoffnung für das Zusammenwachsen von Pädagogik und Neurowissenschaften weckt. Viele Beispiele zeigen, dass dies möglich ist. Neben der Darstellung des neuesten Stands der Wissenschaften bietet das Handbuch auch praktische Hilfestellung und zahlreiche neue Anregungen.

Dr. Claudia Wilimzig

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