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Harald Geißler

E-Coaching. Baltmannsweiler: Schneider.

Rezension von Thomas Webers

3 Min.


Zunächst regt der Titel "E-Coaching" zum Nachdenken an. Soll man darunter Coaching "unter Strom" verstehen? Coaching also mittels Telefon, SMS, E-Mail, Chat oder Ähnliches? Der Herausgeber, der Pädagogik-Professor Dr. Harald Geißler von der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg, stellt im Vorwort klar, dass es ihm beim Begriff um die assoziative Nähe zum E-Learning ging. Mit dem Begriff "virtuelles Coaching" möchte er konzeptionell an die Virtualisierung von Kooperation und Führung anschließen.
Das Buch gliedert sich in drei große Blöcke: Auf der Grundlage eines konzeptionellen - und begriffsklärenden - Aufrisses von Harald Geißler und eines darauf aufbauenden Marktüberblicks von Fabienne Theis werden im zweiten Block die Möglichkeiten, die sich durch die Nutzung der modernen Medien für Coaching ergeben, konzeptionell diskutiert. Der dritte Block liefert Praxisbeispiele.
Nichts scheint nahe liegender zu sein, als die Erfolgsgeschichte von Coaching durch Nutzung der neuen Medien fortzuschreiben, resümiert Geißler in seinem einleitenden Grundsatzbeitrag. Doch dabei sollte man Vorsicht walten lassen und sich an die Erfahrungen mit E-Learning erinnern. Gar manche Ruine säumt deren Entwicklungsgeschichte. Inzwischen ist klar, Blended Learning, also eine Mischform von E- und Präsenz-Lernen, kann funktionieren; reines E-Learning eher nicht. Gleiches nimmt Geißler auch fürs E-Coaching an. Ein weiterer Punkt komme hinzu: Learning und Coaching sind nicht dasselbe. Ersteres zielt auf angeleitete Aneignung vorgegebenen Wissens und Könnens. Coaching hingegen ist Prozessberatung - also Hilfe zur Selbsthilfe. Geißler führt dann als Konzept den Coaching-Würfel ein, der sich aus drei Dimensionen bildet: Selbststeuerung versus Fremdsteuerung, Selbstreferenz (Selbstreflexion) versus Fremdreferenz sowie Situierung (Arbeit, Reflexion, Lernen). Dieses Konzept wird dann ausführlich dargestellt.
An dieser Stelle können nicht alle Beiträge einzeln gewürdigt werde, einige, die aufgefallen sind, sollen kurz benannt werden. Eric Lippmann und Gisela Ullmann-Jungfer vergleichen im zweiten Block systematisch E-Mail-Coaching mit Face-to-Face-Coaching und kommen zu der Vermutung, dass von E-Mail-Coaching wie auch von Face-to-Face-Coaching nicht per se eine positive Wirksamkeit zu erwarten ist, sondern dass diese ganz entscheidend von dem individuellen Bedarf und den vorliegenden Bedingungen abhängen.
Im dritten Block hat der Kommunikationsdesigner Roman Pretot mit Überlegungen zur Gestaltung von virtuellen Räumen für Coaching Neuland betreten. So vereint seine Applikation "Coaching Studio" unter anderem die audio-visuelle Kommunikation und das Arbeiten mit Interventionstechniken, die man sonst in der Präsenzsituation nutzt, in einer Online-Umgebung. Konkret hat Pretot die Module "Beziehungsbrett" (Rohm), "imaginativer Rollentausch" (Schreyögg) und "stabile Zonen" (Königswieser) programmiert. Die audiovisuelle Kommunikationsmöglichkeit per Webcam ist zentrales Element. Hinzu kommen weitere (Planungs-) Instrumente.
Weitere Praxisansätze, die im dritten Block vorgestellt werden, sind Synlife, coach|on, der "virtuelle Qualifizierungscoach VICO" sowie die Produktfamilie rund um virtuelles-coaching.com, die vom Herausgeber selbst angeboten wird: vom Virtuellen Selbstcoaching (VSC) über Transfercoaching (VTC) zum Führungscoaching (VFC) und so weiter.
Insgesamt erhält der Leser mit diesem Buch einen schönen, umfangreichen Überblick über die (junge) Szene, die diversen Anwendungen und Indikationen. Teilweise werden auch Evaluationsdaten präsentiert (coach|on). Sowohl Personalentwicklungsabteilungen, aber auch Trainer und Coachs, die am Thema interessiert sind, werden dieses Buch mit Gewinn lesen. Und solche, die lieber konventionell arbeiten, erhalten hier sicher die eine oder andere Anregung.
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